Unternehmen trifft gerade im digitalen Bereich eine besondere Verantwortung, Jugendliche zu schützen. Inzwischen sind verschiedene Anwendungen verfügbar, die automatisiert die Unternehmen und Eltern dabei unterstützen: Altersverifikationssysteme können automatisiert auslesbar Zugangsschranken für bestimmte Altersklassen festlegen. Jugendschutzprogramme und Parental Control-Funktionen ermöglichen es Eltern, automatisiert nur bestimmte digitale Inhalte für die Nutzung durch ihre Kinder freizugeben.
Der Jugendschutz ist gerade bei digitalen Angeboten von enormer Bedeutung: Jugendliche bewegen sich weitgehend frei in der digitalen Welt. Sie können ohne weiteres auf die verschiedensten Inhalte zugreifen, oft auch ohne Wissen ihrer Eltern. Ihr Schutz in der „Online-Welt“ ist daher umso wichtiger. Das betrifft zum einen Inhalte, die für Erwachsene bestimmt sind. Zum anderen aber gerade auch Medien, die sich zuvörderst an Jugendliche richten und ihnen die Interaktion ermöglichen. Beispiele dafür sind TikTok oder Instagram.
Spannungsverhältnis und die Lösung des Gesetzgebers
Jugendschutz und Datenschutz kommen hier in ein Spannungsverhältnis: Für den Schutz der Jugendlichen ist es wichtig, ihren Zugang zu bestimmten Angeboten zu kontrollieren und zu beschränken. Um dies umzusetzen, müssen Daten von ihnen erhoben werden. Nur so kann automatisiert erkannt werden, ob gerade eine Person im Alter von 14, 16 oder 18 Jahren ein Angebot besuchen möchte, ob etwa bei Social Media Plattformen bestimmte Funktionen auszuschalten sind oder Eltern-Bestätigungen abgefragt werden müssen. Das Datenschutzrecht aber setzt auf Datenminimierung: Umso weniger von einzelnen Personen bekannt, erfasst und verarbeitet wird, umso besser sind diese geschützt.
Dieses Spannungsverhältnis versucht der Gesetzgeber nun aufzulösen: Der Gesetzgeber hat jüngst ein neues Datenschutzgesetz gerade für die Bereiche Telekommunikation und Telemedien auf den Weg gebracht, das „Telekommunikation-Telemedien-Datenschutzgesetz“ (kurz: TTDSG). Dieses Gesetz gilt damit gerade für Online-Angebote, die Inhalte zu ihren Nutzern transportieren. „Telemedien“ sind dabei fast alles in der Online-Welt: Vom News-Portal über Social Media Plattformen bis hin zu Streaming-Plattformen.
Im TTDSG findet sich auch eine spezifische Regelung, wie mit den Daten von Jugendlichen umzugehen ist, die zur Wahrung des Jugendschutzes gewonnen wurden: § 20 TTDSG. Damit schließt der deutsche Gesetzgeber eine Regelungslücke. Dies ist überfällig, da das EU-Recht dies schon seit Herbst 2020 verlangt. Übergangsweise wurde die entsprechende Regelung daher bereits in § 14a TMG „geparkt“ und gilt daher seit November 2020.
Pflichten der Anbieter
Anbieter, die personenbezogene Daten Minderjähriger zur „Wahrung des Jugendschutzes“ erheben, dürfen diese nicht für kommerzielle Zwecke weiterverarbeiten.
Jugendschutzmaßnahmen sind daher so zu gestalten, dass zu ihrer Umsetzung erhobene Daten von unter 18-Jährigen einem strengen Weiterverwendungsverbot unterliegen. In der Praxis müssen Anbieter diese Daten also ausweisen und sperren. Vorzugsweise erfolgt eine solche Sperrung durch technische Maßnahmen, die eine Weiterverwendung zu anderen Zwecken technisch verhindert. Ausgeschlossen ist damit z.B. die werbliche Ansprache der Jugendlichen unter Nutzung der aus Jugendschutzgründen erlangten Daten. Kommerzielle Zwecke sind Zwecke, die mit Gewinnerzielungsabsicht verfolgt werden, beispielsweise „Direktwerbung, Prüfling und Werbung, die auf das Nutzungsverhalten abgestimmt ist“.
Anbieter können dies nach überwiegender Meinung auch nicht durch eine gesonderte Einwilligung der Jugendlichen „heilen“. Denn die Auslegung der Norm spricht in weiten Teilen für ein absolutes Verbot, bei dem kein Raum für eine Einwilligung ist. Damit dürfte regelmäßig auch eine personalisierte, auf Jugendliche zugeschnittene Werbung unzulässig sein, wenn aufgrund der Jugendschutzmaßnahmen bekannt ist, dass ein Angebot gerade von einem Jugendlichen genutzt wird.
So klar ist dies im Gesetz allerdings nicht festgehalten, mit meiner Kollegin Bernadette Gottwald habe ich mich damit und anderen strukturellen Fragen zu § 20 TTDSG im Detail in einer wissenschaftlichen Publikation auseinandergesetzt: Jugendschutz durch Datenschutz, erschienen im aktuellen Heft der Multimedia und Recht (MMR) 6/2021, Seite 467 ff.
Einige interessante und hilfreiche Tipps zur Verwendung von TikTok gibt es etwa auch hier, ganz unjuristisch: https://www.bussgeldkatalog.net/ab-wie-viel-jahren-ist-tiktok/