Die oftmals nur kurze Nutzungsdauer von elektronischen Produkten oder deren digitalen Komponenten stellt nicht nur für Verbraucher ein häufiges Ärgernis dar. Auch unter ESG-Aspekten ist der längere Betrieb oder die Möglichkeit zur Reparatur elektronischer Produkte wünschenswert. Die unionsrechtlichen Rechtsakte zum Öko-Design bieten diesbezüglich Ansatzpunkte, wirksame Nachhaltigkeitsanforderungen gerade auch für digitale Produkte und Waren mit digitalen Elementen zu bestimmen und durchzusetzen.
Auch zu Beginn dieses Jahres werden sich wieder viele Verbraucher an den neusten Smartphones, Tablets und anderen elektronischen Geräten samt digitaler Komponenten erfreuen, die sie unter dem Weihnachtsbaum vorgefunden haben. Solche IKT-Produkte sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken.
Zunehmend stellt sich bei ihrer Nutzung die Frage nach der Lebensdauer und dem Umgang mit „veralteten“ Vorgängerprodukten. Sowohl die physischen Bestandteile von IKT-Produkten als auch die hierauf installierte Software weisen oft nur eine verhältnismäßig kurze Nutzungsdauer auf. Häufig können solche Produkte nicht mehr verwendet werden, weil Einzelteile defekt sind und nicht ersetzt werden können, oder weil der Hersteller keine Aktualisierungen der Software mehr zur Verfügung stellt. Nachhaltig ist das nicht. Der Gesetzgeber steuert daher zunehmend dagegen:
- Im digitalen Vertragsrecht sind umfassende und tendenziell langfristige Updatepflichten implementiert worden. Wer digitale Produkte und Waren mit digitalen Elementen für Verbraucher bereitstellt, muss diese für die erwartete Nutzungsdauer aktuell halten (siehe etwa hier und hier (€)).
- Sowohl auf nationaler als auch auf Unionsebene sind aktuell zudem zunehmende (gesetzgeberische) Bemühungen erkennbar, ein wirksames „Recht auf Reparatur“ zu begründen. Dadurch sollen Hersteller verpflichtet werden, ihre Produkte nachhaltiger nutzbar zu machen, etwa durch die langfristige Bereitstellung von Ersatzteilen.
Produktspezifischer Ansatz des Unionsrechts
Ende März 2022 hat die Kommission den Vorschlag für eine Öko-Design Verordnung veröffentlicht, die die negativen Umweltauswirkungen von Produkten während ihres gesamten Lebenszyklus verringern und so für mehr Nachhaltigkeit sorgen soll. Die Regelungen betreffen etwa die Haltbarkeit, Wiederverwendbarkeit, Energie- und Ressourceneffizienz von Produkten, oder die Menge deren voraussichtlicher Abfallstoffe.
Der Anwendungsbereich erstreckt sich dabei nicht nur auf IKT-Produkte, sondern auf alle physischen Waren, die in Verkehr gebracht werden sollen, mit wenigen Ausnahmen in Bezug auf Lebens- oder Arzneimittel.
Die Ökodesign-Verordnung wird die seit 2009 in Kraft befindliche Öko-Design Richtlinie ablösen, die einen Rahmen für die Festlegung von Anforderungen nur in Bezug auf die umweltgerechte Gestaltung energieverbrauchsrelevanter Produktefestlegte. Öko-Design Verordnung und Öko-Design Richtlinie haben dabei gemein, dass die EU-Kommission dazu ermächtigt wird, für bestimmte Kategorien von Produkten delegierte Rechtsakte zu erlassen, in denen dann erst die konkreten Anforderungen an die spezifischen Produktgruppen geregelt werden. Bei diesen delegierten Rechtsakten wird es sich in der Regel um Durchführungsverordnungen handeln, die in allen Mitgliedsstaaten unmittelbare Geltung entfalten.
Unter der Öko-Design Richtlinie sind etwa Durchführungsmaßnahmen zur Festlegung von Ökodesign-Anforderungen an Haushaltswaschmaschinen und Haushaltstrockner, oder an Server und Datenspeicherprodukte erlassen worden. Am 31.08.2022 wurde darüber hinaus ein Regulierungsvorschlag zu Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung von Handys, schnurlosen Telefonen und Tablets veröffentlicht. In dessen Anhang II sind beispielweise für die Hersteller von Smartphones differenzierte Regelungen für die Bereitstellung von Ersatzteilen, den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen, oder Aktualisierungen des Betriebssystems vorgesehen.
Durchsetzung
Die Durchsetzung dieser so festgelegten Nachhaltigkeitsanforderungen obliegt den Mitgliedsstaaten. In Deutschland wird die Marktaufsicht beispielsweise durch das Energieverbrauchsrelevante-Produkte-Gesetz (EVPG) geregelt, das Bußgelder von bis zu 50.000 Euro für Verstöße gegen die Vorschriften zum Inverkehrbringen energieverbrauchsrelevanter Produkte vorsieht.
Von Bedeutung können die unionsrechtlichen Nachhaltigkeitsanforderungen überdies bei der Auslegung zivilrechtlicher Normen sein. So wird beispielsweise vertreten, bei der Bestimmung des „maßgeblichen Zeitraums“ für Aktualisierungspflichten nach § 327f BGB auf die Standards der Öko-Design Richtlinie zurückzugreifen. Diese Verknüpfung der unionsrechtlichen Öko-Design Anforderungen mit dem Vertragsrecht soll eine nachhaltige Funktionsfähigkeit von (IKT-) Produkten ermöglichen können.
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