Gegen eine rechtswidrige Videoüberwachung öffentlicher Plätze kann geklagt werden. Das BVerwG entschied, dass die DSGVO einer Unterlassungsklage nicht entgegensteht, wenn die Überwachung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben, wie in diesem Fall der Bekämpfung von Kriminalität, erfolgt.
Vor dem Bundesverwaltungsgericht ging es kürzlich um Rechtsschutz gegen eine durch die Stadt veranlasste Videoüberwachung (BVerwG, Beschluss vom 02.05.2024 – 6 B 66.23). Hintergrund des Verfahrens ist eine durch die Stadt betriebene Videoüberwachung des öffentlich zugänglichen „Klostergartens“ in Passau. Dadurch sollten kriminelle Aktivitäten im genannten Park bekämpft werden. Ein Passauer Bürger verlangte von der Stadt die Unterlassung der Videoüberwachung und Aufzeichnung von Videos seiner Person. Er sah sich in seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt und machte einen öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch geltend.
VG hielt Klage für unzulässig
In erster Instanz wurde die Klage vom Verwaltungsgericht Regensburg als unzulässig abgewiesen (VG Regensburg, Gerichtsbescheid vom 6.8.2020 – RN 9 K 19.1061). Das VG hat dies damit begründet, dass die Rechte von Betroffenen gegen eine unzulässige Datenverarbeitung durch einen Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiter abschließend in der DSGVO aufgeführt seien. Damit sind z.B. das Auskunfts-, Berichtigungs- oder Löschungsrecht gemeint. Zwar enthält die DSGVO ein „Recht auf wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf gegen Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter“ (Art. 79 DSGVO). Dieses beziehe sich aber lediglich auf diese in der DSGVO genannten Betroffenenrechte. Weitere gerichtliche Rechtsbehelfe – wie die Unterlassungsklage nach § 1004 BGB – seien durch Art. 79 DSGVO ausgeschlossen.
BVerwG lässt Unterlassungsklage zu
Dem hat schon der Bayerische Verwaltungsgerichtshof nach der Berufung des Klägers widersprochen (BayVGH, Urteil vom 30.05.2023 – 5 BV 20.2104). Die Unterlassungsklage sei zulässig. Das BVerwG bestätigte den BayVGH im Mai 2024. Art. 79 Abs. 1 DSGVO stehe der Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs gegen die kommunale Videoüberwachung aus § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB i.V.m. dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung nicht entgegen. Grund dafür sei hier die Rechtsgrundlage für diese Videoüberwachung: Die DSGVO überlasst es nämlich den Mitgliedstaaten, festzulegen, wann eine Datenverarbeitung (u.a. durch Videoüberwachung) zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben rechtmäßig ist. Dies wurde im Bayerischen Datenschutzgesetz geregelt, worauf sich die Stadt für die Überwachung im „Klostergarten“ gestützt hat (Art. 24 BayDSG). Die Zulässigkeit der Videoüberwachung ist hiernach zu beurteilen – und deshalb auch ein etwaiger Anspruch auf deren Unterlassung. Die DSGVO kann in diesem Fall einer Unterlassungsklage, die sich auf außerhalb der DSGVO geregelte Ansprüche stützt, nicht entgegenstehen.
Danke an Pauline Brinke für Ihre wertvolle Unterstützung bei der Ausarbeitung dieses Beitrags!